Eine kurze Geschichte der Kant-Schule erarbeitet vom Wahlpflichtkurs Geschichte Klasse 10
Die Geschichte unserer Kant-Schule begann im Jahre 1904.
Fräulein Elise Höfer bekam am 01. April 1904 die Erlaubnis zur Errichtung und Leitung einer privaten Mädchenschule in Karlshorst zugesprochen. Bereits bei der Gründung durfte die Schule 54 Anmeldungen entgegennehmen, darunter auch von Jungen. Am 01. April 1905 übernahm Fräulein Meta Horter die weitere Leitung dieser privaten, gehobenen Schule. Es wurden in vier Klassen Mädchen und Jungen gemeinsam unterrichtet, zur damaligen Zeit noch eine Besonderheit.
Jungen legten nach acht Jahren, also in der 12. Klasse das Abitur ab und Mädchen erreichten nach sechs Jahren, also in der 10. Klasse die mittlere Reife.
Die Schülerinnen und Schüler wurden nach ihrem Betragen, Schulbesuch, Fleiß und Leistung bewertet. Die Fächer, in denen die Schüler unterrichtet wurden, waren Religion, Deutsch, Französisch, Englisch, Geschichte, Rechnen, Raumlehre, Erdkunde, Naturgeschichte, Naturlehre, Schreiben, Zeichnen, Singen und Turnen.
Zuerst befand sich die Privatschule der Meta Horter in der Dönhoffstraße 9. Die Schule zog 1909 in die Wildensteiner Straße 7 um. Ab 1910 befanden sich einige Klassen auch im neuen Volksschulgebäude in der Auguste-Viktoria-Straße, heute Ehrlichstraße.
Im Jahre 1908 zahlte die Gemeinde einen Zuschuss, um die Klassen 5-7 nach dem Lehrplan eines Reformrealgymnasiums auf die Tertia vorzubereiten. Nach dem Beschluss der Gemeindevertretung vom 30. Juni 1911, zum 1. April 1912 ein Realprogymnasium zu errichten, übernahm die Gemeinde Friedrichsfelde 1912 die Hortersche Privatschule und integrierte diese in das Realprogymnasium und das Lyzeum. Direktor der neu geschaffenen Schule wurde am 1.4.1912 Dr. Wilhelm Bolle, er blieb es bis zum 8. Mai 1945.
Provisorisch wurden die beiden Schulen in der Auguste-Viktoria-Straße, heute Ehrlichstraße, untergebracht. Am 15. April 1914 wurde das neue Gebäude des Kant-Gymnasiums in der Treskowallee 44 eingeweiht. Allerdings stand zu diesem Zeitpunkt nur der im ersten Bauabschnitt fertiggestellte symmetrische Nordflügel des Gebäudes.
1919 begann die Errichtung eines „staatlichen Erweiterungsbaus“, des Südflügels. Die Bauarbeiten dauerten bis 1920 an und nach deren Abschluss wurde im April 1920 auch die erste Abiturprüfung an dieser Schule abgelegt. Die Schüler wurden in allen Grundfächern unterrichtet. Dazu gehörten Deutsch, Geschichte, Staatsbürgerkunde, Erdkunde, Englisch, Französisch, Latein, Rechnen (mit Buchführung), Raumlehre, Naturbeschreibung (später Biologie sowie Physik), Naturlehre, Zeichnen, Musik, Turnen (Leibesübungen), dazu kamen Gesundheitslehre, Kurzschrift, Werken, Gartenarbeit, Nadelarbeit, Hauswirtschaft und Maschinenschreiben. Außerdem gab es damals auch, wie weiter bis in die Zeit der DDR, noch Noten auf Betragen, Schulbesuch, Fleiß und Leistung.
1921 wurde der Schule der Name „Kant-Schule“ gegeben (Anm.: wir feiern unser 100-jähriges Bestehen, obwohl es die „Kant-Schule“ erst seit 91 Jahren gibt).
1922 wurde Direktor Dr. Bolle Oberstudiendirektor. Es waren 29 Lehrer angestellt, darunter ein Oberstudienrat und 18 Studienräte. An der Schule bestanden 1921 bereits 22 Klassen, Sexta, Quinta und Quarta hatten je 3 Parallelklassen.
Im Jahre 1925 wurde die Oberstufe in eine sprachliche (Latein, Französisch) und eine mathematisch-naturwissenschaftliche Abteilung gegliedert. Die Schule erwarb sich einen guten Ruf in Preußen, 1929 gehörte sie nach einem Ministerialerlass zu den „bedeutungsvollen Schulen“.
1928 fand die erste Schülerreise nach Frankreich statt. In darauffolgenden Jahren wurde ein regelmäßiger Schüleraustausch vollzogen. Dr. Erich Schwarz, bis 1931 Lehrer der Kant-Schule, war Reichstagsabgeordneter. Die politische Radikalisierung machte aber auch vor der Kant-Schule nicht halt, speziell unter den Lehrern befanden sich bereits seit Jahren Anhänger des Nationalsozialismus. So wurde im „Karlshorster Heimatboten“ 1935/36 ein bereits 1925 verstorbener Studienrat als „Kämpfer“ für das „Prinzip von Blut und Boden, Rasse und Raum“ und als „Vorkämpfer für nationalsozialistische Erziehung“ bezeichnet. Bei einer politischen Demonstration wurde 1928 der Referendar Günter Schaffer ermordet, 1933 - nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten, wurde der Oberstudienrat Dr. Willy Grabert aus politischen Gründen von der Schule entfernt.
In den Jahresberichten, die Dr. Bolle schrieb, fehlen Herausstellungen von NS-Aktivitäten, jedoch sind die Veränderungen in politischer Hinsicht feststellbar. So bemängelte er die große Zahl von Austritten aus Ruderverein und Modellbauverein wegen der großen Beanspruchung der Schüler durch die HJ. Auch die Stundentafel änderte sich nach den staatlichen Vorgaben, so kamen Inhalte wie Erb- und Rassenlehre, Wehrkunde, Flugphysik und „Vierjahresplan“ in den Unterricht und in Arbeitsgemeinschaften. Das 1925 in Niederfinow errichtete Landschulheim wurde ausgiebig genutzt, z. B. für „nationalpolitische Kurse“, und dafür staatlich unterstützt. Am 7. Mai 1937 wurde mit einem Festakt in der Aula das 25-jährige Bestehen der Kant-Schule gefeiert. Stadtrat Müller übergab dabei „ein Führerbild für die Aula“.
Die Kriegsvorbereitungen machten sich zeitig bemerkbar: Weihnachten 1935 musste die Kantschule eine Sonderreifeprüfung für die in den Heeresdienst eintretenden Schüler ausrichten. Vom 25. August bis 9. September war das Schulgebäude vom Militär belegt. Mit Kriegsbeginn kam es zu einer drastischen Verschlechterung der Schulbedingungen. Die Stundentabellen wurden auf 30 Stunden gekürzt, viele Stunden fielen durch Krankheit der Lehrer und durch die Tatsache, dass auch Lehrer der Kant-Schule zum Kriegsdienst eingezogen und nicht ersetzt werden konnten, aus. Am 22. Januar 1940 wurde die Heizung in der Kant-Schule eingestellt, wodurch der Unterricht bis Schuljahresende (Ostern) völlig ausfiel. Die Klassen kamen nur, um sich Hausaufgaben abzuholen. Ende 1943 fand kein regulärer Schulbetrieb mehr statt, da im Rahmen der Kinderlandverschickung die Schule nach Teschen und Weichsel (Oberschlesien) verlegt wurde. Im Februar erfolgte eine erneute Verlegung nach Wamberg (Böhmen). Für nicht evakuierte Schüler fand zweimal wöchentlich Volksschule (Mathematik, Deutsch, Englisch) statt, ebenso oft gab es den politischen Unterricht, in dem die Schüler politisch „auf Linie“ gebracht wurden.
Nach dem 2. Weltkrieg wurde auf Beschluss der SMAD (Sowjetische Militäradministration in Deutschland) im Oktober 1945 der Schulbetrieb wieder aufgenommen. Durch die Entnazifizierung wurde das alte Lehrpersonal ersetzt, es wurden politisch unbelastete Neulehrer und Schulhelfer eingesetzt. Bis Ende des Jahres fand der Unterricht noch in der Treskowallee statt. Da die SMAD das Gebäude beanspruchte, wurde die Schule Ende 1945 provisorisch in der Lückstraße untergebracht. In den folgenden Jahren wurde schichtweise morgens und nachmittags unterrichtet. Im Herbst 1947 fand der Umzug der Schule in die von Bruno Taut entworfene und im Bauhausstil errichtete Schulanlage Schlichtallee / Fischerstraße statt, 1948 wurde Arnim Schneider zum Direktor berufen. Das neue Gebäude war gekennzeichnet durch Schlichtheit, Sauberkeit, Strenge und Klarheit. Die Anlage war für 3 Schulen geplant, sie besaß 2 Sporthallen sowie eine Aula. Allerdings waren Teile der Schule von Bomben zerstört, vor allem die große Aula. 1949 wurden Renovierungsarbeiten vorgenommen, die Aula blieb allerdings bis zum Ende der DDR zerstört. Im Erdgeschoss Fischerstraße entstand parallel eine Aufbauschule, das Gymnasium 1, an dem z. B. Kriegsheimkehrer zum Abitur geführt wurden. Das Gymnasium 1 wurde 1957 mit der Kant-Schule zusammengelegt.
1948/49 waren von 446 Schülern, die die Schule besuchten, nur 32 in der FDJ organisiert, die Lehrerschaft wurde aufgrund von Wissensrückständen bei den Schülern neu organisiert und so wurden die Lehrer der 50er Jahre noch weitgehend in erster Linie als hervorragende Fachleute und gute, engagierte Pädagogen, der Geist der Schule noch als liberal beschrieben. Der Einfluss der SED und von ihr beeinflusster Organisationen, vor allem der FDJ, verstärkten sich jedoch stetig, die Ideologisierung des Unterrichts und des Schullebens setzte schnell ein. So wurde z.B. 1948 der Russisch-Unterricht eingeführt, es folgten Fächer wie Staatsbürgerkunde, ESP (Einführung in die sozialistische Produktion), UTP (Unterrichtstag in der Produktion), später auch Wehrunterricht, gemäß Weisung war es den Lehrern und Schülern untersagt, „Westsender“ zu sehen oder hören, es wurde besonders für den Offiziersberuf geworben, die Mitgliedschaft in der FDJ wurde durchgesetzt, Gruppenräte und FDJ-Leitungen sowie Elternaktive wurden für die politische Arbeit in den Klassen gebildet usw. Bei all dem muss die Kant-Schule sehr erfolgreich gewesen sein, denn 1977 erhielt sie den Karl-Marx-Orden (die höchste staatliche Auszeichnung der DDR) für “herausragende Erfolge des Schulkollektivs bei der sozialistischen und kommunistischen Erziehung der jungen Generation“ und für die hohe Zahl an Offiziersbewerbern, sicherlich nicht verwunderlich in dem Stadtbezirk, in dem das Ministerium für Staatssicherheit seinen Sitz hatte. Bezeichnend auch, dass die Staatssicherheit selbst die Schule als beste EOS der DDR einschätzte.
1959 wurde im Zuge der Einführung der polytechnischen Oberschule die erweiterte Oberschule „Immanuel Kant“ geschaffen, sie war nach der Zusammenlegung mit der Franz-Mehring-Oberschule (1962) die einzige zum Abitur führende Schule in Lichtenberg, zugleich war sie in den 70er Jahren eine der größten EOS der DDR. Weit über 200 Schüler legten jedes Jahr das Abitur ab. Zunächst umfasste die EOS die 9. bis 12. Klassen, ab 1984 nur noch 11. und 12. Klassen, vorher gingen alle Schüler auf die POS. Es gab in der Kant-EOS einen sehr erfolgreichen Chor, eine Instrumentalgruppe, einen dramatischen Zirkel und andere Arbeitsgemeinschaften. 1956 wurde Herr Rudolph Direktor der Kant-Schule, ihm folgten 1965 Herr Rasmus, 1967 Herr Rolack und 1969 Herr Pensel.
Nachdem 1984 Marzahn ein selbstständiger Stadtbezirk wurde (vorher Teil von Lichtenberg), sanken die Schülerzahlen rapide, sodass das Gebäude nun zu groß wurde, deshalb erfolgte 1988 der Umzug in das Gebäude der ehemaligen 46. POS in der Schulze-Boysen-Straße.
Im Zeitraum der Wende gab es vorübergehende Verwirrung, weil unklar war, ob die bis dahin verbotenen Themen angesprochen werden durften oder immer noch Tabu-Themen waren. Die Schüler und Lehrer begannen schrittweise einen demokratischen Umgestaltungsprozess, bei dem es gleich nach dem Mauerfall auch erste Kontakte mit dem Kant-Gymnasium in Spandau gab. Austritte aus der FDJ häuften sich, die Interessenvertretung übernahm nun ein Schülerrat, der sich aus von jeder Klasse gewählten Schülervertretern zusammensetzte. In den politisch belasteten Fächern wurden neue, westdeutsche Bücher eingesetzt. Nachdem Herr Pensel im Dezember 1989 den Dienst beendet hatte, wählten die Lehrer Frau Sendrak in dieses Amt, sie wurde im August 1990 offiziell zum Direktor berufen.
Nach der Herstellung der Einheit Deutschlands wurde zum Schuljahresbeginn 1991 das DDR-Schulsystem in Ost-Berlin durch das in West-Berlin gültige ersetzt, damit wurde die EOS abgeschafft, es entstand wieder das Kant-Gymnasium mit Schülern der Klassenstufen 7 bis 13. Karl Mauersberger, seit 1953 Kant-Lehrer, wurde 1991 Direktor der Kant-Schule, die wieder in die Gebäude in der Lückstraße 63 gezogen war, jedoch wurde diesmal auch das Schulgebäude in der Leopoldstraße mitgenutzt. Auch bei den Rahmenlehrplänen und Stundentafeln / Fächern erfolgte die Anpassung an den Standard der Bundesrepublik, somit entfielen Fächer wie Staatsbürgerkunde und nach einigen Jahren auch Russisch. Schon nach wenigen Jahren zeigte sich, dass die Immanuel-Kant-Schule einen guten Ruf genoss und beliebt war. Im September 1994 wurde der „Verein der Freunde und Förderer des Immanuel-Kant-Gymnasiums Lichtenberg e.V.“ gegründet, seit April 1993 erschien die Schülerzeitung „Der Kantianer“, ab 1995 kam das „Kant-Journal“ dazu.
Nachdem Herr Mauersberger in den Ruhestand gegangen war, wurde Frau Karin von Berg Direktorin. Sie selbst hatte ihr Abitur an der Kant-Oberschule abgelegt. Auch unter ihrer Leitung ging die erfolgreiche Entwicklung des Kant-Gymnasiums weiter.
Aufgrund der demografischen Entwicklung gingen jedoch die Schülerzahlen immer weiter zurück, sodass das Bezirksamt Lichtenberg 2005 zunächst die Fusion des Kant-Gymnasiums mit dem Coppi-Gymnasium Karlshorst beschloss. Durch einen Bürgerentscheid, initiiert von Eltern des Coppi-Gymnasiums, wurde dieser Beschluss 2006 zurückgenommen. Um die Schulentwicklung in Lichtenberg im Gymnasialbereich langfristig zu sichern, vereinbarten die Schulleitungen des Georg-Forster-Gymnasiums (Herr Knop) und des Kant-Gymnasiums (Frau von Berg) eine Fusion beider Schulen herbeizuführen („Vernunftehe“). Unter Einbeziehung aller schulischen Gremien und Gruppen wurde diese Fusion 2008 vollzogen. Gleichzeitig sollten beide Gebäude (Lück- und Leopoldstraße) grundlegend saniert werden. Damit fand ein Großteil des Unterrichts im Gebäude des Forster-Gymnasiums statt, Lehrer und zum Teil auch Schüler mussten mehr als ein Jahr lang zwischen beiden Standorten pendeln. 2007/08 wurde Herr Klatte amtierender Schulleiter in der Kant-Schule, seit 2008 ist Herr Knop, vormals Direktor am Forster-Gymnasium, neuer Schulleiter der Immanuel-Kant-Schule. Nach offizieller Beendigung der Bauarbeiten findet der Unterricht seit Januar 2010 komplett in den Gebäuden Lück- und Leopoldstraße statt. Allerdings finden auch seitdem ständig weitere Baumaßnahmen in der Schule statt.
Liebe Schulgemeinschaft,
in den letzten Wochen habe ich etwas Recherche zum Flügel in der Aula betrieben und bin auf einige Details gestoßen, welche die Schulgemeinschaft sicher interessiert. Hierfür musste erst einmal die Seriennummer bestimmt werden, was sich als recht schwierig erwies, da diese sehr verblasst war. Damit konnte ich dann mit dem Archiv von Bechstein in Kontakt treten und weitere Informationen herausfinden. Der Flügel mit der Seriennummer 109013 ist ein Modell B aus dem Jahr 1914. Er wurde Ende März 1914 an die Schulverwaltung Friedrichsfelde ausgeliefert mit der Bemerkung “Rechnung für Kuratorium der höheren Lehranstalten”. Unsere Schule zog Mitte April 1914 in die Treskowallee 44, welche in Karlshorst liegt. Karlshorst gehörte bis zur Gründung Groß-Berlins 1920 zum Ortsteil Friedrichsfelde. Mithilfe der Örtlichkeiten, der zeitlichen Gegebenheiten und der Bemerkung lässt sich mit höchster Wahrscheinlichkeit sagen, dass der Flügel mit seinen 108 Jahren schon immer der Schule gehörte und somit das wohl älteste Objekt der Schule und das Objekt ist, welches am längsten in Schulbesitz ist. Somit sollte der Flügel in Stand gehalten werden und besonderes Engagement von der Schüler-, Eltern- und Lehrerschaft erfahren.
Leon Freiherr von Godin